Über Farbe | Peter Lodermeyer

Ines Hock ist Malerin und Zeichnerin. Ihre neuesten Ölgemälde, die jeweils aus einer großen Zahl von Farbfeldern auf weißem Grund bestehen, verdanken sich ihrer langjährigen Erfahrung mit beiden künstlerischen Gattungen. In diesen Bildern findet die Thematik des Zusammenspiels von Farben, nicht zuletzt auch mit Blick auf ihre Wirkung im Raum, die Ines Hock mit ihren Arbeiten seit langem verfolgt, eine ebenso präzise wie radikale Zuspitzung. Die Anordnung der horizontal erstreckten Farbfelder hat sich in ihren Zeichnungen der letzten Jahre vorbereitet, wo sie mit Bleistift, später auch mit Aquarellfarben oft großformatige Blätter flächendeckend mit horizontalen Strichen bedeckt hat.

Wie beim Schreiben füllt Ines Hock auch in ihren neuesten Gemälden die Fläche von links oben her nach rechts unten mit Farbfeldern aus. Die Anordnung erfolgt nicht in strengen Linienrastern, sondern lässt gelegentliche Zeilensprünge zu. Jedes Farbfeld ist durch einen eigenen Farbton gekennzeichnet. Die Felder stehen meist vereinzelt, es gibt aber auch solche, die sich berühren, so dass sich Paare oder kleine Gruppen bilden. Entscheidend ist, dass sich in einem Bild keine Farbe exakt wiederholt, die Felder unterscheiden sich in Farbton, Sättigung, Größe und Pinselführung voneinander. Jedes Farbfeld ist ein Individuum, ihre Abfolge gehorcht nicht einem vorgefertigten Plan, sondern erfolgt intuitiv.

Es gibt keine Hierarchie, weder im kompositorischen, noch im koloristischen oder ästhetischen Sinn, d.h. kein möglicher Farbton ist a priori ausgeschlossen, auch unschöne oder blasse Farbtöne lässt die Künstlerin im Gesamtbild gelten. Aufgrund ihres intuitiven Vorgehens ist die Gesamtwirkung des Bildes erst nach vollständigem Besetzen der Fläche zu beurteilen. Der Prozess dieses abstrakten „Schreib“-Vorgangs ist entscheidend für die Bildgestalt. Es erfordert große Konzentration, weil das Setzen der Farbwerte keine Korrekturen erlaubt, ein Revidieren oder Übermalen eines Farbfeldes ist ausgeschlossen.